Mittwoch, 18. April 2012

Oder-Konto: Zahlungen eines Ehegatten sind nicht zwingend hälftig eine Zuwendung an den anderen Ehegatten

Zahlungen eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) der Eheleute können zu einer schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung an den anderen Ehegatten führen. Das Finanzamt muss jedoch anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der andere Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann. Gibt es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll (BFH 23.11.11, II R 33/10).

Die Klägerin eröffnete zusammen mit ihrem Ehemann ein Oder-Konto, auf das nur der Ehemann Einzahlungen in erheblichem Umfang leistete. Das Finanzamt besteuerte die Hälfte der eingezahlten Beträge als Schenkungen des Ehemannes an die Klägerin. Die Klage beim FG hatte keinen Erfolg.

Der BFH hob jedoch die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Es muss nun noch geklärt werden, ob die Klägerin im Verhältnis zu ihrem Ehemann zur Hälfte an dem Kontoguthaben beteiligt war. Maßgebend hierfür sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Verwendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft.

Um ungewollte Schenkungen zu vermeiden, wird empfohlen,

  • entweder erst gar kein Oder-Konto einzurichten, sondern eine gegenseitige Kontobevollmächtigung für ein Einzelkonto zu erteilen (steuertipps.de) oder
  • für ein solches Oder-Konto im Vorhinein eine am besten schriftliche Vereinbarung zu fassen, aus der sich zweifelsfrei eine abweichende Zuordnung des Guthabens ergibt. Gab es bereits in der Vergangenheit größere Einzahlungen, sollte mit geeigneten Unterlagen dokumentiert werden können, dass keine Schenkungsabsicht vorlag

Samstag, 14. April 2012

Bei Messeleistungen folgt das Bundesfinanzministerium dem EuGH



Rechtslage
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte in 2011 der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung, dass die vorübergehende Überlassung von Messeständen als grundstücksbezogene Dienstleistung zu behandeln sei, eine Absage erteilt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun seine Auffassung geändert.

Neue Verwaltungsanweisung
Für die Planung, Gestaltung sowie den Aufbau, Umbau und Abbau von Ständen in Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen für Unternehmer gilt nun grundsätzlich das Empfängerortprinzip. Derartige Umsätze werden daher dort versteuert, wo der Kunde sitzt. Wird die Leistung ausnahmsweise gegenüber Nichtunternehmern erbracht, ist hingegen eine differenzierte Betrachtung der konkret erbrachten Leistung erforderlich. In Frage kommen hier zunächst eine Werbeleistung, ihr folgend eine kulturelle, künstlerisch o. ä. Leistung oder zuletzt die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände.

Konsequenz
Die Grundsätze des Schreibens sind ab dem 1.1.2011 anzuwenden. Eine vorherige Anwendung ist unter Berufung auf das zugrunde liegende EuGH-Urteil möglich. Hiervon dürften viele deutsche Messebauer Gebrauch machen. Sie können so darauf verzichten, ihren ausländischen Kunden, soweit diese Unternehmer sind, deutsche Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, sofern die Leistung Messen in Deutschland betraf. Dies wird die Akzeptanz bei ausländischen Kunden erhöhen, da sie nicht mehr auf das Vorsteuervergütungsverfahren angewiesen sind, falls sie dies bisher überhaupt nutzen konnten. Sofern die Kunden aus der EU stammen, gilt das Reverse-Charge Verfahren, die Rechnungen sind netto auszustellen und der Kunde schuldet die Umsatzsteuer. Bei Kunden aus Drittländern ist hingegen keine pauschale Aussage möglich. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Umsatz im Drittland zu versteuern ist.

Geringfügigkeitsgrenze bei der gewerblichen Infizierung



Kernproblem
Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Betriebsgrundlage von einer Besitzgesellschaft überlassen werden (sachliche Verflechtung) und die hinter dem Betrieb und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben (personelle Verflechtung). Liegen die Voraussetzungen vor, so hat dies eine Umqualifizierung sämtlicher von der Besitzgesellschaft erzielten Vermietungseinkünfte in gewerbliche Einkünfte zur Folge. Kürzlich hatte sich ein Finanzgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Umqualifizierung der Einkünfte auch dann gilt, wenn die Besitzgesellschaften neben den vom Betriebsunternehmen gezahlten Vermietungsentgelten in erheblichem Umfang Vermietungseinkünfte aus anderen Vermietungsobjekten erzielt.

Sachverhalt
Im Streitjahr 1999 vermietete die klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein Gebäude an eine GmbH, die dort ihren Spielhallenbetrieb unterhielt. An der GbR waren Vater und Sohn zusammen zu 52 %, an der GmbH hingegen zu 100 % (Vater: 75,2 % und Sohn: 24,8 %) beteiligt. Daneben erzielte die GbR noch erhebliche Einkünfte aus der Vermietung von Grundbesitz an Dritte, die rund 93,69 % ihres Gesamtumsatzes ausmachten. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung gegeben seien, so dass sämtliche Einkünfte der GbR, also mitsamt der Vermietungseinkünfte von Dritten, in gewerbliche Einkünfte umzuqualifizieren seien. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, da die GbR und die GmbH sachlich und auch personell verflochten sind. Letzteres gelte, da für die GbR abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen Beschlussfassungen mit einfacher Mehrheit gefasst werden können. Die von der GmbH gezahlten Vermietungseinkünfte führen somit bei der GbR zu gewerblichen Einkünften. Aufgrund der so genannten Infektionstheorie seien somit auch die restlichen Vermietungseinkünfte als gewerbliche Einkünfte zu sehen. Die von der ständigen Rechtsprechung vorgesehene Ausnahme, dass bei einem nur "äußerst geringen Anteil" der gewerblichen Einkünften von einer gewerblichen Infizierung der restlichen Einkünfte abgesehen werden soll, sieht das Gericht bei einem Anteil der gewerblichen Einkünfte von 6,31 % als nicht erfüllt an. Es hält eine Obergrenze von 5 % bei der Geringfügigkeitsprüfung für zutreffend.

Konsequenz
Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde zugelassen, da höchstrichterlich bislang nicht entschieden ist, ab welcher relativen oder absoluten Geringfügigkeitsgrenze ein "äußerst geringer Anteil" der gewerblichen Einkünfte gegeben ist. Nach bisheriger Rechtsprechung ist zumindest bei einem Umsatzanteil von 1,25 % und ggf. auch bei 2,81 % von einer solchen Geringfügigkeit auszugehen.

Abgrenzung von Spenden und Zahlungen für Satzungszweck



Kernfrage
Spenden an eine gemeinnützige Organisation mindern das zu versteuernde Einkommen des Spenders. Voraussetzung ist, dass die Spenden vom Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten steuerbegünstigten Zwecke geleistet werden. Darf der Spendenabzug auch vorgenommen werden, wenn die eigene Satzung eine Spende an eine bestimmte gemeinnützige Organisation verpflichtend vorsieht?

Sachverhalt
Eine Stiftung betreibt eine öffentliche Sparkasse. Nach der Stiftungssatzung sind die in einem Jahr erzielten Überschüsse zunächst in einem bestimmten Umfang einer Sicherheitsrücklage zuzuführen. Der Rest ist an eine bestimmte, eindeutig definierte gemeinnützige Organisation zu überweisen oder als Mittelvortrag bei der Stiftung zu belassen. Ausnahmen hiervon bedürfen der behördlichen Genehmigung. Die Stiftung begehrt für die Zuwendungen an die gemeinnützige Organisation den Spendenabzug. Finanzamt und Finanzgericht lehnen dies ab.

Entscheidung
Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) mindern die Zahlungen das Einkommen der Stiftung nicht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegen keine so genannten Einkommensverteilungen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes vor. Sie sind bei Stiftungen nicht möglich; Stiftungen sind Vermögensmassen, die weder über Gesellschafter noch Mitglieder verfügen. Der Spendenabzug ist ebenfalls zu verwehren. Die Stiftung hat ihre "Spenden" nicht freiwillig geleistet, sondern weil sie dazu nach ihrer Satzung verpflichtet ist.

Konsequenzen
Die Satzungen von Förderkörperschaften sollten im Hinblick auf eine Verpflichtung zu Abführung ihrer Mittel an eine bestimmte gemeinnützige Organisation durchgesehen werden. Ob gleichwohl Änderungsbedarf besteht, erfordert die Betrachtung des Einzelfalles. Der vorliegende Sachverhalt weißt insoweit eine Besonderheit auf, als die Stiftung als Förderkörperschaft selbst nicht gemeinnützig ist.

Gelangensbestätigung: Frist auf den 30.6.2012 verlängert



Kernaussage
Mit Wirkung vom 1.1.2012 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen erheblich verschärft. Zentrales Element der neuen Nachweise ist die Gelangensbestätigung, die die bisherigen Nachweise ersetzen soll. Der Entwurf eines erläuternden Schreibens des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu den Neuregelungen stieß ebenso wie die grundsätzliche Regelung auf erhebliche Kritik der Unternehmen und Verbände.

Neue Verwaltungsanweisung
Aufgrund der berechtigten Kritik hat das BMF die bisher bis zum 31.3.2012 gültige Nichtbeanstandungsregelung bis auf den 30.6.2012 verlängert. Bis dahin können die Nachweise noch in der bis zum 31.12.2011 gültigen Form erbracht werden. Die Verlängerung der Frist gilt nur für den Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen. Die Frist zur Umsetzung der ebenfalls geänderten Nachweise für Ausfuhren in Drittländer wurde nicht verlängert, sie endet zum 31.3.2012.

Konsequenzen
Auch wenn die Fristverlängerung vorerst den Druck von den Unternehmen nimmt, so löst sie das grundlegende Problem nicht. Die Neuregelungen sind schlichtweg nicht praktikabel und behindern Lieferungen in die übrige EU. Für deutsche Unternehmen ergeben sich hierdurch Wettbewerbsnachteile, da in anderen Staaten der EU weniger restriktive Regelungen gelten. Deutsche Unternehmen hingegen müssen fürchten, auf der Umsatzsteuer sitzen zu bleiben, wenn die Gelangensbestätigung nicht erbracht werden kann. Dass dies problematisch ist zeigt sich z. B. an der Reaktion des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes e. V. (DSLV). Dieser rät seinen angeschlossenen Spediteuren nicht nur ab, sich zur Erbringung der Gelangensbestätigung zu verpflichten, er hat mittlerweile auch ein ausführliches Argumentationspapier hierzu veröffentlicht. Auch im Ausland stößt die Gelangensbestätigung nicht auf Akzeptanz. So warnt die Wirtschaftskammer Österreich ihre Spediteure ebenfalls vor der Einholung der Gelangensbestätigung. Unabhängig von den dargestellten Problemen und Widerständen müssen sich die Unternehmen auf die Neuregelung einstellen. Es ist nicht zu erwarten, dass das endgültige BMF-Schreiben eine grundsätzliche Erleichterung schafft, sofern die gesetzlichen Grundlagen unverändert bleiben.

Kein ermäßigter Steuersatz für Partyservice



Kernaussage
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Jahr 2011 Grundsätze zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (7 %) bei der Lieferung von Speisen und Getränken aufgestellt. Demnach ist lediglich die Abgabe von standardisierten Speisen umsatzsteuerlich begünstigt, sofern keine weiteren Dienstleistungen erbracht werden. Auf Basis dieser Rechtsprechung hat sich nun der Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren Verfahren mit der Thematik auseinandergesetzt, u. a. betraf dies einen Partyservice.

Sachverhalt
Die Klägerin betrieb einen Partyservice. Die bestellten Speisen lieferte sie in verschlossenen Warmhalteschalen aus. Bei Bedarf wurde auch Besteck, Personal u. ä. zur Verfügung gestellt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Speisenlieferungen, soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck, Stehtischen oder Personal verbunden waren, dem Regelsteuersatz (19 %) unterlägen. Im Einspruchsverfahren erzielten die Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die Entgelte für die Speisenlieferungen in den Fällen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, in denen die Klägerin auch Bedienungspersonal gestellt hatte. Im Übrigen blieben Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid ohne Erfolg.

Entscheidung
Der BFH widersprach der Ansicht der Klägerin, sie liefere lediglich Standardspeisen. Pommes frites, Rostbratwürste u. ä. Speisen, die an einem Imbissstand feilgeboten werden, erfüllen diese Voraussetzungen, nicht jedoch ein Buffet für 70 Personen mit aufeinander abgestimmten Speisen, wie z. B. Forellenfilet mit Sahnemeerrettich oder Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen etc. Die Leistungen des Partyservices unterliegen daher dem Regelsteuersatz.

Konsequenz
Hatte der EuGH noch recht allgemein geurteilt, dass nur noch standardisierte Speisen begünstigt sind, so legt der BFH den Begriff der Standardspeise eng aus. Dies hat zur Folge, dass Standardspeisen offensichtlich nur Imbissstände o. ä. Einrichtungen liefern können, da sich ihr intellektueller sowie kreativer Einsatz bei Zubereitung der Speisen, nach Ansicht des BFH, auf ein Minimum beschränkt. Da diese Bedingungen i. d. R. bei der Abgabe von Speisen in Schulen, Alten- und Pflegeheimen sowie durch Partyservices nicht erfüllt sind, unterliegen diese dem Regelsteuersatz. Die Prüfung, ob zusätzliche Dienstleistungen erbracht werden, erübrigt sich dann. Die betroffenen Unternehmen müssen daher zum Regelsteuersatz abrechnen. Die Folge werden entweder Preiserhöhungen für die Kunden sein oder reduzierte Margen für die Unternehmer, falls diese die erhöhte Umsatzsteuer nicht überwälzen können. Darüber hinaus birgt die neue Rechtslage in vielen Fällen auch Risiken für die Vergangenheit, falls die Finanzverwaltung keine Übergangsregelung schafft. Eine entsprechende Stellungnahme steht allerdings noch aus.

Entfernungspauschale für offensichtlich verkehrsgünstigere Verbindung?



Kernproblem
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte werden mit der Entfernungspauschale abgegolten. Für die Bestimmung der Entfernung ist die kürzeste Straßenverbindung maßgebend. Eine längere Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig benutzt wird. In diesen an sich eindeutigen Gesetzestext werden sowohl einschränkende als auch erweiternde Regelungen hineininterpretiert, wenn einmal nicht die kürzeste Entfernung in der Einkommensteuererklärung zum Ansatz kommen soll. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hier mit zwei Entscheidungen für Klarheit gesorgt.

Sachverhalt
In dem einen Streitfall hatte das Finanzamt mit Billigung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz eine tatsächlich genutzte längere verkehrsgünstigere Strecke nicht anerkannt, weil eine willkürlich verlangte Fahrtzeitverkürzung von mindestens zwanzig Minuten nicht erreicht wurde. Dagegen hatte das Finanzgericht Düsseldorf sogar eine längere Strecke toleriert, die den Finanzrichtern zwar offensichtlich verkehrsgünstiger erschien, aber tatsächlich nicht benutzt wurde.

Entscheidung
Es liegt nahe, dass der BFH nur einen der beiden Fälle zugunsten der Steuerzahler entscheiden konnte. Den Streit verloren hat der Arbeitnehmer mit "fiktiver Umwegstrecke". Hier haben die Richter klargestellt, dass nur eine tatsächlich zurückgelegte Strecke in Betracht kommt. Der Ansatz einer bloß möglichen, aber vom Steuerpflichtigen nicht benutzten Straßenverbindung scheidet kategorisch aus. Dagegen trat der BFH dem Verlangen nach einer mindestens zwanzigminütigen Zeitersparnis entgegen. Hier seien vielmehr alle Umstände des Einzelfalls, wie z. B. die Streckenführung, die Schaltung von Ampeln o. ä. in die Beurteilung einzubeziehen. Eine Straßenverbindung könne auch dann "offensichtlich verkehrsgünstiger" sein, wenn bei ihrer Benutzung nur eine geringe Zeitersparnis zu erwarten sei.

Konsequenz
Zu Recht weist der BFH in seiner Urteilsbegründung darauf hin, dass die Forderung nach einer zwanzigminütigen Zeitersparnis die Erweiterungsmöglichkeit für Arbeitnehmer mit insgesamt geringerer Fahrzeit zur Arbeit komplett ausschließen würde. Dagegen sieht er jedoch in einer geringfügigen Verkürzung von unter 10 % keinen ausschlaggebenden Anreiz für die Wahl einer abweichenden Route. Die 10 %-Grenze sollte daher als Anhaltspunkt dienen und eingehalten werden, um am Ende erfolgreich argumentieren zu können.

Gilt die 1-Prozent-Regelung auch bei Mittagsheimfahrten nach Hause?



Kernproblem
Zu sehr auf die Auskunft seiner Gemeindeverwaltung hatte sich ein hauptamtlicher Bürgermeister zu Beginn seiner Amtszeit verlassen, was die Besteuerung seines Dienstwagens angeht. Er bekam gesagt, dass das Fehlen eines Fahrtenbuchs bei Lohnsteuer-Außenprüfungen nie zu Beanstandungen geführt habe. So wurde das "Behördenfahrzeug" des Bürgermeisters niemals Bestandteil eines geldwerten Vorteils, obwohl die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus und Zwischenheimfahrten am Mittag gestattet war. Ob hier die Landesfinanzverwaltung anderer Auffassung war?


Sachverhalt

Die Lohnsteuer-Außenprüfung hatte von der Dienstwagennutzung erfahren und wollte die Besteuerung des geldwerten Vorteils nach der 1 %-Methode für die private Nutzung und des 0,03 %-Zuschlags für die Fahrten zum Rathaus vornehmen. Der Bürgermeister wehrte sich damit, dass ihm der Gemeinderat eine Privatnutzung des Dienstwagens untersagt und lediglich die morgendlichen und mittäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus akzeptiert habe. Zudem sei ein Behördenfahrzeug kein betriebliches Fahrzeug. So habe sich der Bürgermeister ständig, z. B. wegen möglicher Feuerwehreinsätze, in Ruf- und Dienstbereitschaft befunden. Und wenn er sich in den Wagen setze und im Gemeindegebiet unterwegs sei, seien diese Fahrten grundsätzlich dienstlicher Natur, weil dadurch den Bürgern die Präsenz der Verwaltung vermittelt werde und es häufig dringende Gründe gebe, unterwegs anzuhalten und dienstlich tätig zu werden. Und zu guter Letzt sei es zu Vandalismusvorfällen vor dem Rathaus gekommen, die das Parken vor dem Privathaus rechtfertigten. Weil keine Einigung erzielt wurde, stritt man beim Finanzgericht (FG) weiter.


Entscheidung
Das FG Baden-Württemberg folgte der Auffassung des Finanzamts und berücksichtigte beide Bestandteile des geldwerten Vorteils. Zu Begründung führte das FG aus, dass auch Behördenfahrzeuge betriebliche Kraftfahrzeuge seien, die sich zum geldwerten Vorteil eignen. Somit seien auch die Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus nicht allein wegen der damit verbundenen Präsenz im Gemeindegebiet grundsätzlich dienstlicher Natur. Zwar rechtfertige die bloße kommunalrechtliche Zulässigkeit einer privaten Nutzungsüberlassung keine Rückschlüsse auf eine tatsächliche Privatnutzung. Hierauf käme es aber im Streitfall nicht an, weil für mittägliche private Zwischenheimfahrten ein Werbungskostenabzug nicht möglich und damit auch nicht mit dem 0,03 %-Zuschlag abgegolten sei. Dieser zusätzliche Nutzungsvorteil könne vielmehr nur durch die Fahrtenbuch- oder 1 %-Regel steuerlich erfasst werden.


Konsequenz
Eine Lösung nach Gutsherrenart widersprach hier dem Gesetz. Den Bürgermeister hätte nur ein Fahrtenbuch gerettet, um den Sachbezug möglichst gering zu halten. Ohne Mittagsheimfahrt wäre lediglich der 0,03 %-Zuschlag zum Ansatz gekommen. Denn nach neuerer Rechtsprechung des BFH gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, dass der Arbeitnehmer einen ihm zu dienstlichen Zwecken überlassenen Pkw daneben auch privat nutzen darf.

Investitionsabsicht bei Anschaffung einer Photovoltaikanlage



Kernproblem
Die Photovoltaikanlage mauserte sich in den vergangen Jahren durch staatliche Förderung und günstige Zinsen immer mehr zum Sparmodell. Wer den gewonnenen Strom zudem ins öffentliche Netz einspeist, wird steuerlich zum Unternehmer und Gewerbetreibenden. Dies rief nicht nur den Birkenstock-tragenden Ökobauern auf den Plan, sondern auch andere Berufsgruppen, die bis dahin nur wussten, dass der Strom aus der Steckdose kommt. So auch einen Rechtsanwalt, der auf die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen wollte, um den daraus resultierenden steuerlichen Verlust mit anderen Einkünften zu verrechnen. Aber in Fällen der Betriebseröffnung sind an die Gewährung des Abzugsbetrags besondere Voraussetzungen geknüpft.

Sachverhalt
Der Anwalt erzielte auch Einkünfte aus der Vermietung eines Reiterhofs. In seiner Steuererklärung 2008 machte er einen Verlust aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage geltend, der aus einem 40 %igen Investitionsabzugsbetrag auf eine geplante Anschaffung resultierte. Die Anlage wurde allerdings erst im Jahr 2010 bestellt und auf der bestehenden Reithalle sowie einem ebenfalls neu errichteten Reitstall installiert. Der Anwalt konnte Angebote der beiden Investitionen aus Dezember 2009 vorlegen. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, weil im Fall der Betriebseröffnung die verbindliche Bestellung bis zum Ende des Abzugsjahres zu erfolgen habe. Der Anwalt sah die Investition als Ausfluss der Vermietung der Reithalle, so dass es sich nicht um eine Betriebsneugründung handele. Im Klageverfahren reichte er ein weiteres Angebot aus November 2008 nach. Dieses betraf jedoch eine Anlage höherer Kapazität und Anschaffungskosten, die auf der bestehenden Reithalle geplant, aber nicht realisiert wurde.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage des Anwalts ab. Nach dem Gesetzeswortlaut sei die Begünstigung an eine im Abzugsjahr zu erfüllende Investitionsabsicht geknüpft. Eine Absicht ließe sich nur durch eine Prognose der Investitionstätigkeit auf der Grundlage objektivierter wirtschaftlicher Gegebenheiten überprüfen. Der Nachweis könne allerdings auch anders als durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen erbracht werden. Bestehe aber lediglich eine vage Investitionsplanung ohne konkreten Investitionsentschluss, fehle es an einer hinreichenden Investitionsabsicht. Daran ändere auch die spätere Anschaffung innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist nichts. So sei zu vermuten, dass der Anwalt im Jahr 2008 nur den Markt beobachtet habe. Allein aus dem Angebot des Jahres 2008 - zudem für eine abweichende Anlage - könne nichts anderes geschlossen werden.

Konsequenz
Weil der Betrieb der Photovoltaikanlage einen Gewerbebetrieb darstellt, kann kein Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit hergestellt werden. Es gelten damit strengere Anforderungen an den Nachweis der Investitionsabsicht.